Forschungsprojekt: Gender-Stress: Geschlechterrollen und psychische Belastungen

Gender-Stress. Geschlechterrollen und psychische Belastungen in der Arbeitswelt

Projektziel

Der Einfluss von Geschlechterrollenbilder auf die Wahrnehmungen der Belastungen und Anforderungen von Frauen und Männern in der Erwerbsarbeit wurde durch die Studie herausgestellt. Im Bereich des Arbeits- und Gesundheitsschutzes bleiben insbesondere bei der Erfassung psychischer Belastungen und Stress wesentliche Belastungsfaktoren ohne die Berücksichtigung von Genderaspekten ausgeblendet.

Projektbeschreibung

Kontext

In den letzten Jahren wird vermehrt über psychische Belastungen bei der Arbeit gesprochen. Während sich die materielle Ausstattung, die Ergonomie und die technische Sicherheit an den Arbeitsplätzen deutlich verbessert haben, wird im Bereich der psychischen Belastungen noch wenig getan.

Die Erfahrungen mit der Einbeziehung der Geschlechterperspektive in andere Handlungsfelder haben gezeigt: Die Konzepte und Vorgehensweisen müssen sich verändern, wenn die bestehenden Geschlechterverhältnisse mit ihren Benachteiligungen und Wahrnehmungsverzerrungen verändert werden sollen.

Die gleichstellungspolitische Strategie Gender Mainstreaming wird bisher im Arbeits- und Gesundheitsschutz nicht ausreichend berücksichtigt, das hat Auswirkungen auf die Verwirklichung der Gleichstellung ebenso wie auf die Qualität und die Ergebnisse im Arbeits- und Gesundheitsschutz.

Fragestellung

Ziel des Projektes war es, Zusammenhänge zwischen Geschlechterrollenbildern und psychischen Belastungen zu erforschen und auf dieser Grundlage Praxisansätze zu entwickeln. Dabei wurde sowohl nach psychischen (Fehl-)Belastungen als auch nach dem Vorhandensein von Ressourcen gefragt.

Es wurde die Frage verfolgt, welche Zusammenhänge zwischen Geschlechterrollenbildern und psychischen Belastungen bestehen und wie diese in betriebliche Vorgehensweisen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten einfließen können. Im Mittelpunkt betrieblicher Vorgehensweisen steht nach dem Arbeitsschutzgesetz (§ 5) die Gefährdungsbeurteilung. Im Projekt wurde zudem untersucht, welchen Nutzen die Integration von Gender Mainstreaming in das betriebliche Gesundheitsmanagement bringt und welche Erkenntnisse sich für die Praxis von Gender Mainstreaming durch die Anwendung auf das Fachgebiet der psychischen Belastungen ziehen lassen.

Untersuchungsmethoden

In drei Projektbetrieben wurden Projektsteuergruppen eingerichtet und im ersten Schritt anhand eines Leitfadens jeweils 15 qualitative Interviews zu den psychischen Belastungen durchgeführt. Die Frage nach dem Geschlecht wurde methodisch über einen Perspektivwechsel im Interview berücksichtigt. Die Interviewten wurden zuerst nach dem anderen Geschlecht, nach den Kolleginnen bzw. Kollegen gefragt. Auf diese Weise wurden für die einzelnen Betriebe die Bilder zu Frauen und Männern in der Verknüpfung mit (Fehl-)Belastungen und Ressourcen erhoben.

Diese Ergebnisse wurden in einer Gruppendiskussion mit den Interviewten vertieft und auf verschiedenen Ebenen der Betriebe wurden Geschlechterbilder und Stereotype reflektiert und bearbeitet. Auf dieser Grundlage wurden drei unterschiedliche Praxisansätze für einzelne Teile im Gesamtprozess der Gefährdungsbeurteilung zu psychischen Belastungen in Zusammenarbeit mit den betrieblichen Projektsteuergruppen entwickelt und ausprobiert.

Darstellung der Ergebnisse

Es wird gezeigt, dass Geschlechterrollenbilder einen bedeutsamen Einfluss sowohl auf die konkrete Ausprägung der Arbeitsbelastungen für Frauen und Männer als auch auf die Verfügbarkeit von Ressourcen haben und die Sichtweise prägen, was als Belastung und was als "Normalität" wahrgenommen wird.

Anhand betrieblicher Fallbeispiele wird gezeigt, welche Belastungsfaktoren erst gar nicht erfasst werden, wenn die Geschlechterrollenbilder in der Bearbeitung psychischer Belastungen unberücksichtigt bleiben.

In jedem Projektbetrieb wurde für einen Prozessschritt der Gefährdungsbeurteilung die Einbeziehung der Geschlechterrollenbilder konkretisiert:

- Im Textilkaufhaus wurde eine Befragung geplant und ein Fragebogen entwickelt, der zu den Anforderungen des Betriebes passt.

- Im Finanzamt wurden Workshops mit Führungskräften und Beschäftigten zu einzelnen Belastungsthemen durchgeführt. Dabei wurden die Probleme analysiert und Maßnahmen zur Verbesserung entwickelt.

- Im IT/Telekommunikationsunternehmen wurden als eine Hauptbelastung die ständigen Restrukturierungen erfasst und Workshops zum Umgang mit Veränderungsprozessen durchgeführt sowie Empfehlungen für eine veränderte Praxis entwickelt.

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