Forschungsprojekt: Neue Unternehmensstrategien in der Elektrizitätswirtschaft

Neue Unternehmensstrategien und Mitbestimmungskulturen angesichts liberalisierter Rahmenbedingungen in der Elektrizitätswirtschaft

Projektziel

Die Politik hatte sich viel von der Strommarkt-Liberalisierung versprochen. Der Wettbewerb sollte Produktivitätsreserven bergen, zugleich aber auch eine ökologisch eingebundene Versorgungssicherheit gewährleisten. Die Studie stellt kritisch Anspruch und Wirklichkeit gegenüber. Dabei untersucht sie, wie sich die Unternehmen im Außen- und Innenverhältnis aufgestellt haben.

Veröffentlichungen

Bontrup, Heinz-J. und Ralf M. Marquardt, 2010. Kritisches Handbuch der deutschen Elektrizitätswirtschaft. Branchenentwicklung, Unternehmensstrategien, Arbeitsbeziehungen, Forschung aus der Hans-Böckler-Stiftung 112, Berlin: edition sigma, 475 Seiten.

Bontrup, Heinz-J. und Ralf-M. Marquardt, 2010. Beschäftigungsbedingungen und Unternehmenskultur in der Elektrizitätswirtschaft, WSI Mitteilungen, 6/2010, S. 291-298.

Bontrup, Heinz-J. und Ralf-M. Marquardt, 2009. "Neue Unternehmensstrategien und Mitbestimmungskulturen angesichts liberalisierter Rahmenbedingungen in der Elektrizitätswirtschaft, Recklinghausen, 27 Seiten.

Projektbeschreibung

1. Kontext

Mit der von der EU-Kommission angestoßenen Öffnung der Energiemärkte im Jahr 1998 beabsichtigte die Politik Ineffizienzen abzubauen, um so über den Wettbewerb die Stromabnehmer zu entlasten. Zugleich sollte die Versorgung gesichert bleiben und verstärkt den ökologischen Anforderungen gerecht werden. Im blinden Vertrauen auf die Selbstheilungskräfte des Marktes verzichtete die Politik zunächst auf eine weitreichend Regulierung. Dieser Schritt erwies sich als naiv: Während die Stromanbieter ihre Macht konzentrierten und die Oligopolisierung zusammen mit den Regulierungsdefiziten zunehmend zur Unterbindung des Wettbewerbs einsetzten, instrumentalisierten sie im Binnenverhältnis die Drohung mit dem Wettbewerb. Damit veränderten sich die Rahmenbedingungen für die Unternhemenskultur. Überdies bewegen sich die Stromversorger in einem gänzlich anderen Investitionsumfeld. Nicht mehr Versorgungssicherheit, sondern die Rendite wurde zum zentralen Entscheidungskriterium.

2. Fragestellung

a) Wie hat sich der Ordnungsrahmen seit der Marktöffnung 1998 verändert?

b) Welche politischen Fehler wurden dabei gemacht?

c) Wie haben sich die Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EVUs) in Reaktion auf die Liberalisierung im Außenverhältnis aufgestellt (u.a. absatzseitige Unternehmensstrategien, Beteiligungsstrategie, Investitionsverhalten)?

d) Welche Produktivitätsreserven konnten geborgen werden?

e) Wie wirkte sich die Öffnung auf den Verteilungskampf unter den Stakeholdern der EVUs aus?

f) Wie haben die Unternehmen im Binnenverhältnis zu ihren Beschäftigten reagiert?

g) Welche Möglichkeiten ließ die Liberalisierung zur Umsetzung eines normativen Ideals einer demokratisch-partizipativen Unternehmenskultur?

h) Welche Herausforderungen und Chancen ergeben sich für die Stadtwerke im weiteren Liberalisierungsprozess?

3. Untersuchungsmethoden

a) Auswertung der vorhandenen Literatur

b) Auswerten von Branchen- und Verbandsdaten; teilweise differenziert nach Größenklassen

c) Auswertung von Geschäftsberichten und weiteren Unternehmenspublikationen insbesondere der "Big-4" (E.ON, RWE, Vattenfall, EnBW)

d) Umfangreiche Fragebogenerhebung bei Betriebsräten von EVUs

e) Intensive Interviews insbesondere zur Unternehmenskultur mit Geschäftsführung/Vorständen einzelner EVUs

4. Darstellung der Ergebnisse

- Die Politik musste sich mehrfach korrigieren und nachregulieren.

- Die EVUs instrumentalisierten die Öffnung zum Schöpfen massiver Produktivitätsreserven.

- Wegen der Oligopolisierung wurden die Effizienzgewinne den Stromabnehmern, aber auch den von einem umfangreichen Personalabbau betroffenen Beschäftigten weitgehend vorenthalten. Es profitierten primär Miet- und Pachtempfänger sowie die Shareholder.

- Allmählich gibt es Indizien für eine Wettbewerbsbelebung (allerdings bei unveränderter Vermachtung in der Stromerzeugung).

- Das neue Investitionsumfeld bewirkt Probleme hinsichtlich der Versorgungssicherheit und der angestrebten ökologischen Erzeugungsstruktur.

- Gemessen an einem normativen Modell einer demokratisch-partizipativen Unternehmenskultur bleiben insbesondere die Mitbestimmungsmöglichkeiten weit hinter den Idealvorstellungen zurück. Aber auch bei den Bausteinen Informationspolitik, Kommunikationsdialektik und Personalführung, Weiterbildung und Personalentwicklung, Ideenmanagement sowie materielle Partizipation besteht akuter Handlungsbedarf.

- Das betrifft insbesondere auch die Stadtwerke, wollen sie die zukünftigen Herausforderungen erfolgreich bewältigen.

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