Forschungsprojekt: Welfare Regime und soziale Dienstleistungen

. Ein Vergleich USA - Deutschland

Projektziel

Die Kurzstudie soll zur Erweiterung der Theorie der Wohlfahrtsregime um den Bereich sozialer Dienstleistungen beitragen. Dies erfolgt exemplarisch anhand einer Untersuchung des liberalen Wohlfahrtsregime in den USA mit Schwerpunkt Kalifornien.

Projektbeschreibung

Kontext

In der vergleichenden Sozialpolitikforschung gewann die von Gøsta Esping-Andersen entwickelte Perspektive von "Three Worlds of Welfare Capitalism" (1990), mit der drei Typen des "Welfare Regime" unterschieden wurden (skandinavisch-sozialdemokratisch, kontinentaleuropäisch-konservativ, anglosächsisch-liberal), erhebliche, wenngleich nicht unumstrittene Prominenz. Ein beachtlicher Einwand lautet, dass diese Typologie politisch-ökonomisch vor allem entlang des Zusammenhangs von Arbeitsmarkt(politik) und monetären sozialen Sicherungssystemen entwickelt wurde ("Dekommodifizierung"), während die jeweilige Entwicklung insbesondere von Sozial-, Gesundheits-, Bildungs- und Kulturdienstleistungen darin kaum abgebildet werde, die in zahlreichen Fällen mit der jeweiligen Regimelogik kaum übereinstimmt, ihr teils sogar widerspricht (bspw. der eher "sozialistische" "National Health Service" im "liberalen" Großbritannien).

Fragestellung

Die Fragestellungen des Projektes sind unter anderem:

- Wie kooperieren soziale Dienstleistungsanbieter im liberalen Wohlfahrtsregime mit staatlichen Institutionen?

- Welche Rolle spielen professionelle und professionspolitische Deutungsmuster? Sind individuumzentrierte Professionsmuster (z.B. psychoanalytischer Sozialarbeit) für systemische und "Empowerment"-Intentionen problematisch?

- Inwieweit können durch Vernetzungs- und Kooperationsstrukturen sozialer Dienstleistungsanbieter marktliche Handlungsmuster der Sozialpolitik unterlaufen werden?

- Welche Rolle spielen sozialpolitische Aktionen und Mobilisierungen?

- Sind gewerkschaftliche und andere bürgergesellschaftliche, insbesondere auch frauenpolitische Bündnisse für die Entwicklung des sozialen Dienstleistungssektors relevant?

Untersuchungsmethoden

Methodisch sollte anhand exemplarischer Falldarstellungen der US-Praxis - v.a. für ein deutsches Publikum - ein differenziertes Bild des "liberalen" Welfare Regime und seiner politischen Konstruktionslogik gezeichnet werden. Die Experteninterviews konzentrierten sich deshalb vor allem auf sozialpolitische Akteure bzw. auf die sozialpolitische Handlungsdimension ausgewählter Akteure.

Dies kann insbesondere nahe legen, welche Handlungs- und sozialpolitische Deutungsanforderungen an die deutschen Akteure für den wahrscheinlichen Fall gestellt werden müssen, dass das "liberale" Wohlfahrtsstaatsmodell auch in Deutschland künftig stärkere Beachtung findet. Insoweit werden die Forschungsergebnisse vergleichend auf die deutsche Situation bezogen.

Darstellung der Ergebnisse

-Die Analyse der Interviews macht deutlich, dass die Wertorientierungen von Entscheidungsträgern im US-amerikanischen Wohlfahrtssystem keineswegs auf eine liberale Regime-Programmatik reduziert werden können.

- Die professionspolitische Reflexion in der einschlägigen Literatur, den Fachgesellschaften (v.a. NASW) und der Forschungsliteratur erlaubt trotz der geringen Fallzahl und der regionalen Beschränkung auf Nordkalifornien vorsichtige Generalisierungen. Hierzu gehört insbesondere die Beobachtung, dass sozialdemokratische Regimeelemente vor allem über die gewerkschaftliche Organisation im Wohlfahrtsbereich und die damit verbundenen korporatistischen Verhandlungsmechanismen Eingang in die amerikanische Wohlfahrtsstruktur fanden.

- Zugleich werden konservative Regimeelemente über die starke Verankerung religiöser Non-Profit-Organisationen im Wohlfahrtssystem sichtbar. Entscheidend dürfte das hohe Niveau professioneller und disziplinärer Organisation von Social Work in den USA sein, das sich als wirksames Element in den sozial- und gesundheitspolitischen Konflikten und Institutionalisierungen erwiesen hat.

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