Forschungsprojekt: Repräsentation von Versicherten und Patienten in der GKV

Die Repräsentation von Versicherten und Patienten in der GKV durch Selbstverwaltung und Kassenwahl - Theoretische Erfolgsfaktoren, praktische Erfahrungen, Optimierungspotenziale und Reformperspektiven

Projektziel

Die Repräsentation der Versicherteninteressen in der deutschen Sozialversicherung und die Legitimation ihrer staatsfern institutionalisierten Entscheidungen erfolgt in der Gesetzlichen Krankenversicherung durch den alten Mechanismus der gewählten Selbstverwaltung und den neueren Mechanismus des Kassenwechsels. Untersucht wird, ob und wie sie funktionieren und wo Reformbedarf besteht.

Veröffentlichungen

Braun, Bernard (Hrsg.), 2008. Einfluss nehmen oder aussteigen: Theorie und Praxis von Kassenwechsel und Selbstverwaltung in der Gesetzlichen Krankenversicherung, Forschung aus der Hans-Böckler-Stiftung 90, Berlin: edition sigma, 216 Seiten.

Greß, Stefan, 2008. Kassenwechsel zur Durchsetzung von Versicherteninteressen? Ergebnisse einer repräsentativen Befragung von GKV-Versicherten. Ergebnisse einer repräsentativen Befragung von GKV-Versicherten, Soziale Sicherheit, 1/2008, S. 12-17.

Braun, Bernard, 2007. Funktionsfähigkeit und Perspektiven von Selbstverwaltung in der GKV, Soziale Sicherheit, 11/2007, S. 365-373.

Höppner, Karin, 2005. Grenzen und Dysfunktionalitäten des Kassenwettbewerbs in der GKV: Theorie und Empirie der Risikoselektion in Deutschland, ZeS-Arbeitspapier 4/2005, Bremen: Zentrum für Sozialpolitik, 64 Seiten.

Projektbeschreibung

Kontext

Eine der wichtigsten Voraussetzungen für wirksames und wirtschaftliches Handeln der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ist, sich so eng wie möglich am Bedarf ihrer Versicherten zu orientieren. Dies soll im deutschen Gesundheitswesen u.a. durch die möglichst direkte Repräsentation der Versicherteninteressen erreicht werden.

Konkret erfüllen diese Aufgaben seit der Gründung der GKV im 19. Jahrhundert die von den Versicherten gewählten SelbstverwalterInnen und seit dem Gesundheitsstrukturgesetz von 1993 die freie Möglichkeit die Krankenkasse zu wechseln. In Anlehnung an eine von Albert Hirschman entwickelte Klassifizierung existieren also im deutschen Gesundheitssystem zwei Repräsentationsmechanismen nebeneinander: Ein "Voice"- und ein "Exit"-Mechanismus.

Die Wirklichkeit der Repräsentation von Versicherteninteressen in der GKV aber auch in anderen Sozialversicherungsträgern ist bemerkenswert wenig untersucht.

Fragestellung

Die zentrale Fragestellung war, empirisch zu überprüfen, ob und wie die beiden im deutschen Gesundheitssystem parallel existierenden Mechanismen der Repräsentation und Artikulation von Versicherteninteressen, also der "Voice"- und "Exit"-Mechanismus, aktuell funktionieren. Sofern sich Mängel beider Mechanismen zeigen, wird untersucht ob und wie sie beseitigt werden können und ob ein aktives Zusammenwirken zur Optimierung des Repräsentationsziels beitragen kann.

Untersuchungsmethoden

Die Erkenntnisquellen waren mehrere repräsentative schriftlich standardisierte Befragungen. Zwei Bevölkerungsumfragen im Rahmen des Gesundheitsmonitors der Bertelsmann Stiftung dienten dazu, die Bekanntheit der Sozialwahlen und Selbstverwaltung zu ermitteln und die Häufigkeit wie die Motive zum Wechseln der Kasse oder von Nichtwechsel zu ergründen. Hinzu kam eine in dieser breiten Form erst- und einmalige schriftliche Befragung aller bis 2005 in der Selbstverwaltung gesetzlicher Krankenkassen aktiven VersichertenvertreterInnen. Die Fragen dieser Befragung wurden u.a. aus mündlichen Interviews mit aktiven Selbstverwaltern und Selbstverwaltungskennern entwickelt und mehrfach mit anderen Akteuren der Selbstverwaltung abgestimmt.

Darstellung der Ergebnisse

- Die Selbstverwaltung und die Möglichkeit ihrer Wahl in Sozialwahlen war 44% der im Jahr 2004 gefragten Bevölkerung völlig unbekannt. Dort wo gewählt wurde, sank aber die Wahlbeteiligung ebenfalls kontinuierlich und lag 2005 bei 32%.

- Die Selbstverwaltung schöpft die bestehenden Initiativ-Möglichkeiten, beispielsweise im Bereich der Prävention, der Kontakte zwischen Kasse und Versicherten oder der Qualitätssicherung oder die Möglichkeit, ihre Umsetzung zu kontrollieren bei weitem nicht aus.

- Hinzu kommt eine Fülle von Weiterbildungsbedarfen der Selbstverwalter.

- Das Ergebnis der empirischen Untersuchungen zum Kassenwechsel ist, dass die Wechselbereitschaft der Versicherten hinreichend groß ist, um über den Exit-Mechanismus Druck auf die Krankenkassen auszuüben. Wenn sich diese nicht in entsprechenden Wechselquoten niederschlägt, liegt dies an unzureichenden Alternativen und zu hohen Wechselbarrieren.

- Nach Kenntnis der grundlegenden Mängel beider Mechanismen erscheint die Steuerungsfähigkeit des Gesamtsystems durch das Zusammenwirken beider Mechanismen besser als in einer Situation, in der es nur jeweils einen der beiden für sich optimierten Mechanismen gibt.

Projektleitung und -bearbeitung

Projektleitung

Prof. Dr. Heinz Rothgang
Universität Bremen Zentrum für Sozialpolitik
rothgang@uni-bremen.de

Priv.-Doz. Dr. Hagen Kühn
Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung GmbH (WZB)
kuehn@wzb.eu

Prof. Dr. med. Rainer Müller
Universität Bremen Zentrum für Sozialpolitik
Verstorben
rmueller@zes.uni-Bremen.de

Dr. Bernard Braun
Universität Bremen Zentrum für Sozialpolitik
bbraun@zes.uni-bremen.de

Kontakt

Dr. Eike Windscheid-Profeta
Hans-Böckler-Stiftung
Forschungsförderung
eike-windscheid@boeckler.de

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